Nach dem katastrophalen Start von Battlefield 2042 greift EA zu drastischen Mitteln. Mit neuer Führung, einer All-in-Strategie und der Bündelung von vier Studios soll der nächste Teil der Serie nicht nur ein Erfolg werden, sondern eines der besten Battlefields aller Zeiten.
Operation Neuanfang: Wie EA die Battlefield-Reihe aus der Asche heben will
Nach dem Desaster von Battlefield 2042 steht die traditionsreiche Shooter-Marke am Scheideweg. Electronic Arts zieht daraus Konsequenzen und strukturiert die Entwicklung fundamental um. Mit neuer Führung und einer geballten Kraft aus vier Studios soll nichts Geringeres als die Wiedergeburt der Serie gelingen.
Kurz & Knapp
- Neue Führung: Vince Zampella (CoD, Apex Legends) und Byron Beede (Destiny, CoD) übernehmen die strategische Leitung.
- Battlefield Studios: DICE, Ripple Effect, Criterion und Motive arbeiten als konsolidierte Einheit am Franchise.
- Zurück zur Moderne: Das Setting kehrt nach Ausflügen in die Weltkriege und die nahe Zukunft zum modernen Militärszenario zurück.
- Fokus auf Kern-DNA: Das umstrittene Spezialisten-System wird verworfen zugunsten eines überarbeiteten, klassischen Klassensystems.
- Gameplay-getriebene Zerstörung: "Tactical Destruction" ersetzt geskriptete "Levolution"-Events und stellt den spielerischen Nutzen in den Vordergrund.
- Community-Validierung: Mit den "BF Labs" wird das Spiel seit Monaten intensiv von Spielern getestet, um Feedback frühzeitig zu integrieren.
Nach dem Debakel: Die Lehren aus Battlefield 2042
Rebecka Coutaz, seit November 2021 General Manager bei DICE, trat ihren Posten nur zwei Wochen nach dem Launch von Battlefield 2042 an. "Es war eine schwierige Zeit", gibt sie zu. Die Enttäuschung war nicht nur in der Community spürbar, sondern auch innerhalb der Entwicklerteams. Der Konsens war klar: "Sie wollten nicht zulassen, dass so etwas noch einmal passiert." Die jahrelange Arbeit, 2042 durch sieben Seasons in einen spielbaren Zustand zu versetzen, war eine Pflichtübung. Die eigentliche Aufgabe war jedoch, die Weichen für die Zukunft zu stellen.
"Ich fühlte die Verpflichtung, eines der besten Battlefields zu erschaffen, das die Welt je gesehen hat. Das schulde ich der Community und den Teams." - Rebecka Coutaz, DICE
Die neue Befehlskette: Zampella und die Battlefield Studios
EAs Antwort auf die Krise ist eine massive Investition und eine Neuorganisation. Mit Vince Zampella, dem Mitschöpfer von Call of Duty und Gründer von Respawn Entertainment (Apex Legends), und Byron Beede, einem Veteranen von Destiny und Call of Duty, wurde eine Führungsebene installiert, die für erfolgreiche Shooter-Marken steht. Ihr Einfluss ist bereits spürbar. Die Vision, die sie mitbrachten, war laut Coutaz von Anfang an "sehr klar".
Teil dieser Vision ist die Gründung der Battlefield Studios. Vier Entwickler – das Stammhaus DICE, Ripple Effect (ehemals DICE LA), die Rennspiel-Experten von Criterion und das für das Dead Space Remake gelobte Motive Studio – arbeiten nun als eine globale Einheit. Diese Struktur soll Co-Development-Prozesse optimieren, wie man sie von Ubisoft kennt. EA geht "all-in", wie CEO Andrew Wilson es formulierte, mit einem kolportierten Budget, das die Marke zu einer der teuersten Produktionen der Spielegeschichte machen könnte.
Zurück in die Gegenwart: Das Modern-Combat-Setting
Eine der ersten und fundamentalsten Entscheidungen war die Rückkehr zu einem modernen Setting. Christian Grass, VP und GM von Ripple Effect und ein Veteran seit Battlefield 1942, erklärt die Logik dahinter: "Wir hatten historische [Settings], wir hatten die nahe Zukunft. Es war mehr als ein Jahrzehnt [seit BF4] vergangen, also wollten wir dorthin zurückkehren." Die Vertrautheit mit moderner Ausrüstung und Fahrzeugen schaffe eine direktere Verbindung zur Spielwelt.
Dass die fiktive Handlung um den Zusammenbruch von Allianzen und einen drohenden globalen Konflikt im Jahr 2027 eine unangenehme Nähe zur realen Weltpolitik aufweist, wird von den Entwicklern als Zufall bezeichnet, der der langen Entwicklungszeit geschuldet sei. Grass stellt klar: "Wir machen ein Unterhaltungsprodukt. [...] Am Ende des Tages geht es um Unterhaltung."
Vom Spektakel zur Taktik: Die Evolution der Zerstörung
Ein zentraler Kritikpunkt an späteren Battlefield-Teilen war die Reduzierung der Zerstörung auf geskriptete Events, bekannt als "Levolution" in Battlefield 4. Für den nächsten Teil wird dieses Konzept verworfen. Stattdessen setzt man auf "Tactical Destruction". "Wir wollen, dass die Zerstörung einem Gameplay-Zweck dient", so Grass. Spieler sollen Gebäude einreißen, um Gegner zu eliminieren, oder durch Wände brechen, um neue Angriffsrouten zu schaffen.
Die Technologie dahinter, intern als "Apple-Coring-System" bezeichnet, soll sicherstellen, dass trotz massiver Zerstörung stets spielbare Areale mit Deckungsmöglichkeiten erhalten bleiben. Eine Lehre aus Titeln wie Bad Company 2, in denen Karten theoretisch komplett eingeebnet werden konnten. Es ist ein philosophischer Wandel: Weg vom reinen visuellen Spektakel, hin zu einer Zerstörungsphysik, die als taktisches Werkzeug im Kampf dient.
Ein System für die Zukunft: Die Rückkehr des Klassensystems
Die vielleicht deutlichste Reaktion auf das Feedback zu 2042 ist die Abkehr von den Hero-Shooter-artigen Spezialisten und die Rückkehr zu einem traditionellen Klassensystem. Die Spielerzahl wird ebenfalls von 128 auf den bewährten Standard von 64 zurückgesetzt. Design Director Shashank Uchil formuliert es direkt: "Wir dachten, höhere Spielerzahlen würden funktionieren – es hat sich einfach nicht durchgesetzt. [...] Am Ende sind wir den Spielern untergeordnet. Wir tun, was die Spieler wollen."
Das Ziel ist laut Creative Director Thomas Andersson, "aufzuhören, an den Klassen herumzuspielen, [und] etwas zu schaffen, das für zukünftige Titel beibehalten werden kann." Es geht also nicht nur um eine simple Rückkehr, sondern um die Etablierung eines nachhaltigen und zukunftssicheren Fundaments für das Gameplay der Serie.
Kein Blindflug mehr: Die Rolle der Community und BF Labs
Um ein weiteres Debakel wie beim Start von 2042 zu vermeiden, hat EA den Entwicklungsprozess transparenter gestaltet. Mit dem Programm BF Labs wird das Spiel seit März 2025 alle zwei Wochen von ausgewählten Spielern zu Hause getestet. "Ich bin schon lange in der Branche und habe noch nie gesehen, dass diese Art von Methodik so regelmäßig angewendet wird", erklärt Coutaz. Dieser Ansatz erlaubt es, Feedback zu Modi, Karten, Waffen-Balancing und Klassen-Design zu einem Zeitpunkt einzuholen, an dem es noch maßgebliche Änderungen bewirken kann.
Die Entwickler betonen jedoch, dass sie sich nicht blind von der Community leiten lassen. "Man kann die Spieler nicht einfach für einen designen lassen", stellt Andersson klar. Es gehe darum, das Feedback zu verstehen und zu analysieren, warum Spieler etwas als übermächtig empfinden, und dann fundierte Entscheidungen zu treffen.
Der Beta-Erfolg als erster Indikator
Dass dieser neue Ansatz Früchte trägt, zeigte die öffentliche Beta. Mit einem Spitzenwert von 521.000 gleichzeitigen Spielern allein auf Steam stellte sie einen neuen Rekord für die Plattform auf. Die Resonanz war überwiegend positiv. Selbst auf Kritik, wie am auf 12v12 reduzierten Rush-Modus, reagierte das Team prompt und passte noch während der laufenden Beta die Bomben-Timer an.
Trotz des Erfolgs bleibt das Team auf dem Boden. Rebecka Coutaz zitiert ein schwedisches Sprichwort: "Sag nicht 'Hallo', bevor du über den Fluss gesprungen bist." Der Weg ist noch nicht zu Ende, und Selbstüberschätzung könne man sich nicht erlauben. Die Köpfe bleiben unten, der Fokus liegt auf dem Ziel. Eine Haltung, die auch für jeden Battlefield-Spieler eine gute Devise ist.