Ein ablaufendes Sicherheitszertifikat könnte ab Juni 2026 bei älteren NVIDIA GeForce-Grafikkarten in Verbindung mit aktiviertem Secure Boot zu Startproblemen führen. Im schlimmsten Fall droht ein schwarzer Bildschirm noch vor dem UEFI/BIOS, was besonders für Spieler relevant ist, deren Anti-Cheat-Tools Secure Boot voraussetzen.
Ältere NVIDIA-GPUs: Droht der schwarze Bildschirm ab Juni 2026?
Eine potenziell weitreichende Problematik für Besitzer älterer NVIDIA-Grafikkarten wurde durch einen detaillierten Beitrag auf der Plattform Reddit angestoßen. Demnach könnte das Zusammenspiel von Windows Secure Boot und dem Video-BIOS zahlreicher GPUs nach Juni 2026 zu einem kritischen Fehler führen, der den Systemstart verhindert. Die Ursache liegt in der zeitlichen Begrenzung digitaler Sicherheitszertifikate, und man sollte nicht davon ausgehen, dass die eigene Hardware das Problem durch pures Glück ignorieren wird.
Das technische Dilemma: Ein ablaufendes Zertifikat im VBIOS
Im Kern des Problems steht das sogenannte Option ROM (OPROM), eine kleine Firmware, die direkt auf der Grafikkarte gespeichert ist. In diesem OPROM befindet sich der UEFI Graphics Output Protocol (GOP) Treiber. Dieser ist fundamental dafür verantwortlich, bereits während des Boot-Vorgangs – also vor dem Laden des eigentlichen Betriebssystems – ein Bild auszugeben. Aktivierst du die Sicherheitsfunktion Secure Boot, prüft das System die digitalen Signaturen aller zu ladenden Komponenten, um das Ausführen von nicht vertrauenswürdigem Code zu unterbinden.
Genau hier entsteht die Fehlerquelle: Das VBIOS vieler älterer NVIDIA-Grafikkarten wurde mit einem Sicherheitszertifikat von Microsoft aus dem Jahr 2011 signiert („Microsoft Corporation UEFI CA 2011“). Dieses Zertifikat verliert im Juni 2026 seine Gültigkeit. Ein System mit aktiviertem Secure Boot wird nach diesem Datum die Signatur des GOP-Treibers als ungültig einstufen und dessen Ausführung blockieren. Die unmittelbare Folge wäre ein schwarzer Bildschirm. Der Zugriff auf das UEFI-Setup oder Boot-Menüs wird unmöglich, da die Grafikausgabe fehlt. Man sollte nicht darauf vertrauen, dass die eigene Mainboard-Firmware das Ablaufdatum ignoriert; die Implementierungen des UEFI-Standards variieren zwischen den Herstellern erheblich.
Mögliche Folgen: Vom "Soft-Brick" und der Anti-Cheat-Falle
Für Systeme, die zur Initialisierung auf eine dedizierte Grafikkarte angewiesen sind, weil die CPU über keine integrierte Grafikeinheit (iGPU) verfügt, kann dieses Szenario einem "Soft-Brick" gleichkommen. Der Rechner würde den Power-On Self-Test (POST) nicht erfolgreich abschließen und den Startvorgang verweigern, eventuell signalisiert durch Beep-Codes. Die Grafikkarte macht das System damit funktional unbrauchbar, bis das Problem behoben ist. Ein einfaches Update des Mainboard-UEFI ist hier keine Lösung, da die Problematik im VBIOS der Grafikkarte selbst verankert ist.
Eine wachsende Zahl von Anti-Cheat-Systemen, prominent vertreten durch Titel wie Valorant oder auch Battlefield 2042 und Battlefield 6, setzt ein aktiviertes Secure Boot zwingend voraus. Wer also weiterhin kompetitive Online-Titel spielen möchte, gerät in eine Zwickmühle: Entweder auf die Systemsicherheit und den Zugang zu bestimmten Spielen verzichten oder potenziell eine neue Grafikkarte erwerben.
Betroffen sind vornehmlich UEFI-fähige NVIDIA GeForce Grafikkarten, deren VBIOS ausschließlich mit dem älteren "Microsoft Windows UEFI Driver Publisher"-Zertifikat von 2011 signiert wurde. Dies dürfte eine erhebliche Anzahl an Modellen umfassen, die vor der breiten Etablierung des neueren 2023er-Zertifikats produziert wurden, darunter potenziell Karten der Pascal- (GeForce 10-Serie), Turing- (GeForce 20-Serie) und frühen Ampere-Architektur (GeForce 30-Serie).
Kein Einzelfall: Der branchenweite Trend zur Systemsicherheit
Diese Situation ist kein Versehen, sondern eine Konsequenz des branchenweiten Strebens nach sichereren Computersystemen. Plattformen wie moderne Smartphones, Macs mit Apple Silicon oder Spielkonsolen basieren auf einem "Chain of Trust", bei dem jede Komponente während des Starts kryptografisch überprüft wird. Secure Boot und der Einsatz von TPM-Modulen sind die Entsprechung in der PC-Welt. Sie schützen effektiv vor tief im System verankerten Bedrohungen wie Bootkits. Die Abhängigkeit von Anti-Cheat-Software von diesen Mechanismen zeigt, dass der Trend unumkehrbar ist. Das Deaktivieren von Sicherheitsfunktionen wird zunehmend zu einem funktionalen Nachteil.
Zukünftige Mainboards werden möglicherweise das veraltete 2011er-Zertifikat gar nicht mehr in ihrer Vertrauensdatenbank („db“) mitliefern, da Microsoft es für neue Windows-Versionen nicht mehr vorschreibt. Eine ältere, nicht aktualisierte Grafikkarte wäre auf solcher Hardware von vornherein inkompatibel.
Lösungsansätze und der Appell an die Hersteller
Die Verantwortung zur Behebung liegt primär bei NVIDIA und dessen Board-Partnern wie ASUS, MSI oder Gigabyte. Sie müssen für die betroffenen Grafikkarten-Modelle aktualisierte VBIOS-Versionen bereitstellen. Diese Updates müssen mit dem neueren „Microsoft Option ROM UEFI CA 2023“-Zertifikat signiert sein. Die Ideallösung wäre ein "Dual-Signing", also eine Signatur mit dem alten 2011er und dem neuen 2023er Zertifikat, um Kompatibilität über alte und neue Plattformen hinweg zu gewährleisten.
Als Nutzer ist der wirksamste Schritt, sich direkt an die Hersteller zu wenden. Fordere von NVIDIA und dem Hersteller deiner spezifischen Grafikkarte ein aktualisiertes VBIOS an, um die Funktionalität über Juni 2026 hinaus sicherzustellen. Parallel solltest du die Firmware deines Mainboards sowie dein Windows-Betriebssystem auf dem neuesten Stand halten. Dies stellt sicher, dass die notwendigen 2023er-Stammzertifikate bereits in der UEFI-Datenbank deines Systems vorhanden sind. Für technisch versierte Anwender existiert zwar die Möglichkeit, den Hash-Wert des eigenen GOP-ROMs manuell in die UEFI-Datenbank einzutragen, dies stellt jedoch keine praktikable oder dauerhafte Lösung für die breite Masse dar.