Valve Steam Machine: Schneller als 70 % aller PCs – doch der 500-Euro-Traum ist geplatzt
Die Kampfansage: Klein, aber gemein
Wenn Valve etwas ankündigt, hört die Gaming-Welt zu. Doch diesmal lassen sie Zahlen sprechen, die provozieren. Im Podcast mit Adam Savage (Tested) ließ Valve-Ingenieur Yazan Aldehayyat die Bombe platzen: Die neue Steam Machine ist leistungsfähiger als 70 Prozent der Gaming-PCs, die derzeit auf Steam unterwegs sind.
Das ist eine Ansage, die sitzt: Wirf deinen Tower weg, stell dir unseren Würfel unter den Fernseher. Valve positioniert die Box nicht als Nischenprodukt für Linux-Nerds, sondern als ernstzunehmende High-End-Alternative für den Massenmarkt. Und diesmal scheint die Hardware das Versprechen auch halten zu können.
Kurz & Knapp
- Dominanz: Laut Valve schlägt die Steam Machine 70 % der aktuellen PC-Hardware in der Steam-Nutzerbasis.
- Power: Semi-Custom AMD Zen 4 CPU (6 Kerne) trifft auf RDNA 3 Grafik (28 CUs) – ein massiver Sprung gegenüber dem Steam Deck.
- Ziel: 4K-Gaming bei 60 FPS (mit FSR und Raytracing) im kompakten 16cm-Würfel-Format.
- Hybrid-Speicher: Einzigartiger Mix aus 16 GB DDR5 RAM und 8 GB dediziertem GDDR6 VRAM.
- Unbekannte: Der Preis ist noch geheim, muss aber "aggressiv" sein, um die Masse zu erreichen.
Der "70 Prozent"-Trick: Marketing vs. Realität
Bevor wir in Ehrfurcht erstarren, müssen wir diese "70 Prozent" einordnen. Wer die Steam Hardware Survey kennt, weiß: Das ist kein Club der High-End-Boliden. Da tummeln sich Millionen von Laptops mit integrierter Intel-Grafik, in die Jahre gekommene GTX 1060-Karten und Dual-Core-Prozessoren aus der Steinzeit.
Sich hinzustellen und zu sagen "Wir sind schneller als der Durchschnitts-Laptop von 2020", ist keine Kunst. Es ist die Mindestanforderung für eine Konsole, die 2026 relevant sein will.
Dennoch: Die technische Leistung, die Valve hier aufruft, ist beeindruckend für den Formfaktor. Wir reden hier nicht über einen "besseren Office-PC", sondern über ein System, das in Schlagdistanz zu einer PS5 Pro agiert – und das in einem Gehäuse, das laut Valve "unter eine Banane passt" (wir fragen besser nicht nach, warum das die Maßeinheit der Wahl war).
Unter der Haube: Ein technisches Monster im Mini-Format
Was Valve hier verbaut, lässt Hardware-Herzen tatsächlich höherschlagen. Es ist kein Standard-PC von der Stange, sondern eine Maßanfertigung, die zeigt, was passiert, wenn man AMDs Ingenieure von der Leine lässt.
- Die GPU-Überraschung: Die Grafikeinheit nutzt 28 Compute Units. Zum Vergleich: Das Steam Deck hat 8. Das ist fast die vierfache Rohleistung. Experten vermuten, dass hier bereits Elemente der effizienteren RDNA 3.5 Architektur zum Einsatz kommen, um die Hitzeentwicklung im Zaum zu halten.
- Der Speicher-Clou: Anders als Konsolen, die sich einen Speicherpool teilen (Unified Memory), setzt die Steam Machine auf eine Hybrid-Lösung. 16 GB DDR5 für das System und 8 GB schneller GDDR6 exklusiv für die Grafik. Das verhindert Flaschenhälse, wenn das OS im Hintergrund Updates lädt, während du in 4K zockst.
- CPU-Power: Mit einem 6-Kern Zen 4 Prozessor hat die Box deutlich mehr CPU-Reserven als die alten Jaguar-Kerne der Last-Gen-Konsolen und hält locker mit aktuellen Mittelklasse-Gaming-CPUs mit.
4K-Gaming: Das Kleingedruckte
Valve wirbt offensiv mit "4K Gaming bei 60 FPS". Ein Blick auf die Fußnoten ist aber ratsam: Dort fallen Begriffe wie FSR (FidelityFX Super Resolution).
Seien wir realistisch: Nativ wird dieser Würfel moderne Titel wie Cyberpunk 2077 oder kommende Unreal Engine 5 Spiele kaum in nativem 4K mit 60 FPS rendern. Das schafft selbst eine RTX 4080 kaum ohne Hilfe.
Die Strategie ist klar: Das Bild wird intern in 1440p oder 1080p berechnet und mittels KI-Upscaling auf 4K poliert. Das ist kein Betrug, das ist der moderne Industriestandard – und auf dem TV vom Sofa aus sieht man den Unterschied ohnehin kaum.
Design & Features
Neben der reinen Rechenpower scheint Valve viel Liebe ins Detail gesteckt zu haben. Kein externes Netzteil mehr (der "Ziegelstein" ist Geschichte), ein integrierter Adapter für den Steam Controller und – man höre und staune – RGB-Beleuchtung. Ein LED-Streifen zeigt den Status an, etwa den Download-Fortschritt, wenn der Bildschirm aus ist. Ein nettes Gimmick, das zeigt: Das hier ist Gaming-Hardware, keine Set-Top-Box.
Der Preis-Dämpfer: Warum der 500-Euro-Traum gerade geplatzt ist
Die Hardware stimmt, die Leistung stimmt. Doch wer darauf gehofft hat, dass Valve diesen Kraftwürfel als subventionierten "Konsolen-Killer" für 500 Euro auf den Markt wirft, muss jetzt ganz stark sein.
YouTube-Schwergewicht Linus Sebastian (Linus Tech Tips) hatte die Gelegenheit, direkt mit Valve über die Preisgestaltung zu sprechen – und das Ergebnis war ernüchternd. In der WAN Show vom 15. November berichtete Linus von einem unangenehmen Moment der Stille. Als er den Valve-Mitarbeitern vorschlug, die Machine für 500 US-Dollar (ca. 475 Euro) anzubieten – ähnlich wie Sony und Microsoft ihre Konsolen subventionieren –, kippte die Stimmung.
„Niemand sagte etwas, aber die Energie im Raum war nicht gut.“ – Linus Sebastian
Das Subventions-Paradoxon
Linus trifft einen wunden Punkt: Sony und Microsoft verkaufen ihre Hardware oft mit Verlust, weil sie wissen, dass sie an jedem verkauften Spiel 30 % Provision verdienen. Valve macht exakt dasselbe. Steam ist die größte Gelddruckmaschine im PC-Gaming. Warum also sträubt sich Valve offenbar, die Hardware aggressiv zu subventionieren, um Marktanteile zu erobern?
Wenn die Steam Machine tatsächlich deutlich teurer wird – Linus spekuliert, dass ein Preis jenseits von 600 bis 700 US-Dollar kaum zu rechtfertigen wäre –, bekommt das Gerät ein massives Problem.
- Der PS5 Pro Vergleich: Für ca. 800 Euro bekommst du eine PS5 Pro, die ebenfalls enorme Leistung liefert.
- Das Laufwerk-Problem: Der Steam Machine fehlt ein Disc-Laufwerk. In der Preisklasse jenseits der 700 Euro erwarten viele Heimkino-Fans zumindest die Option, ihre Blu-Rays abzuspielen.
Premium-PC statt Volks-Konsole?
Die Reaktion von Valve auf Linus' Vorschlag deutet darauf hin, dass wir uns von dem Gedanken verabschieden müssen, hier ein Schnäppchen zu machen. Valve scheint die Steam Machine nicht als "Einstiegsdroge" für Steam zu sehen (dafür gibt es das Deck), sondern als Premium-Produkt für Enthusiasten.
Wenn du also 2026 eine dieser Boxen unter deinen Fernseher stellen willst, fang am besten jetzt an zu sparen. Es sieht ganz danach aus, als würde Valve den vollen PC-Preis verlangen – Hardware-Subvention hin oder her.