Electronic Arts und DICE fahren für Battlefield 6 eine neue, aggressive Anti-Cheat-Strategie. Während PC-Spieler durch die Pflicht zur Aktivierung von Secure Boot und einen Kernel-Treiber an eine kurze Leine genommen werden, zielt eine neu entwickelte Makro-Erkennung auf unfaire Hardware-Vorteile auf den Konsolen ab.
Der Kampf gegen Cheater im Online-Gaming gleicht einem Wettrüsten. Mit Battlefield 6 scheint DICE gewillt zu sein, diesen Kampf an zwei Fronten gleichzeitig zu führen und dabei auch unpopuläre Entscheidungen nicht zu scheuen. Die Strategie ist klar: Cheating soll an seiner Wurzel bekämpft werden, sei es tief im Betriebssystem des PCs oder bei der Manipulation von Controller-Eingaben auf der Konsole.
Kurz & Knapp
- DICE implementiert für Battlefield 6 eine umfassende, plattformspezifische Anti-Cheat-Strategie.
- Auf dem PC erzwingt das neue "Javelin" Anti-Cheat die Aktivierung von Secure Boot und TPM, um auf Kernel-Ebene agieren zu können.
- Diese PC-Maßnahme soll tief im System verankerte Cheats bekämpfen, schliesst aber Spieler mit inkompatibler oder falsch konfigurierter Hardware aus.
- Auf den Konsolen wird eine proprietäre Makro-Erkennung eingeführt, die speziell auf Geräte wie Cronus Zen abzielt.
- Die Entwicklung der Konsolen-Lösung erfolgt in direkter Partnerschaft mit den Plattformherstellern Sony und Microsoft.
- Technical Director Christian Buhl bezeichnet die tiefgreifenden Massnahmen als notwendigen Schritt zur Sicherung der Wettbewerbsintegrität.
Ein Krieg an zwei Fronten: DICEs Anti-Cheat-Offensive
Die Ansätze für PC und Konsole könnten auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein, verfolgen jedoch dasselbe Ziel: die Wiederherstellung eines fairen Wettbewerbsumfelds.
Front 1: Der PC und der umstrittene Griff nach dem Kernel
Auf dem PC sorgt das hauseigene Anti-Cheat-System "Javelin" für Ordnung. Um es nutzen zu können, müssen Spieler zwingend Secure Boot und in der Regel auch das Trusted Platform Module (TPM) im UEFI-BIOS ihres Rechners aktivieren. Diese Anforderung ermöglicht es Javelin, mit Kernel-Rechten zu operieren. Das bedeutet, die Software agiert auf der tiefsten Ebene des Betriebssystems und kann so Manipulationen erkennen, die für herkömmliche Anti-Cheat-Lösungen unsichtbar wären.
Die Notwendigkeit dieses Schrittes wird von Christian Buhl, dem technischen Direktor, als unumgänglich beschrieben, auch wenn er den daraus resultierenden Ausschluss mancher Spieler bedauert.
"Tatsache ist, ich wünschte, wir müssten Dinge wie Secure Boot nicht tun. Es hindert einige Spieler daran, das Spiel zu spielen. [...] das ist wirklich mies."
Die Effektivität scheint ihm jedoch recht zu geben: In den ersten 48 Stunden der offenen Beta will Javelin bereits über 330.000 Cheat-Versuche unterbunden haben. Die Community bleibt dennoch gespalten. Sorgen vor einem "Rootkit", das dem Publisher weitreichende Kontrolle über den eigenen Rechner gibt, stehen dem Wunsch nach endlich wirksamen Massnahmen gegen Aimbots und Wallhacks gegenüber.
Front 2: Die Konsole und die Jagd auf Hardware-Manipulation
Auf PlayStation 5 und Xbox Series X|S stellt sich das Problem anders dar. Hier sind es weniger Software-Hacks als vielmehr externe Geräte wie der Cronus Zen, die für unfaire Vorteile sorgen. Diese Hardware wird zwischen Controller und Konsole geschaltet und kann Skripte ausführen, die beispielsweise den Rückstoss einer Waffe komplett eliminieren oder Einzelschusswaffen in vollautomatische umwandeln.
DICE begegnet dieser Herausforderung mit einer eigenen Makro-Erkennung. Dieses System analysiert serverseitig die eingehenden Controller-Befehle. Übermenschlich schnelle oder perfekt gleichmässige Eingabemuster, die durch Skripte erzeugt werden, können so als verdächtig identifiziert werden. Die explizit erwähnte Partnerschaft mit Sony und Microsoft deutet darauf hin, dass man hier möglicherweise tieferen Zugriff auf die Schnittstellen erhält, als es bisher üblich war.
Eine Strategie, zwei Philosophien: Warum die Ansätze sich unterscheiden
Die unterschiedlichen Methoden sind eine direkte Konsequenz der jeweiligen Plattform-Architektur und illustrieren die Denkweise der Entwickler.
Offenes System vs. geschlossene Gärten
Der PC ist ein offenes Ökosystem. Diese Flexibilität erlaubt es Cheatern, ihre Software tief im System zu verankern, weshalb ein Verteidiger wie Javelin auf dieselbe Ebene hinabsteigen muss. Konsolen hingegen sind "Walled Gardens" – geschlossene Systeme, bei denen unautorisierte Software kaum eine Chance hat. Cheater weichen daher auf die Peripherie, die Controller-Eingabe, aus. Folgerichtig setzt DICEs Verteidigung genau dort an. Die Strategie ist dieselbe – den Angriffspunkt so früh und fundamental wie möglich zu stören –, nur das Schlachtfeld ist ein anderes.
Der Preis der Sicherheit: Kollateralschaden auf beiden Seiten
Beide Ansätze haben ihren Preis. Auf dem PC ist der Kollateralschaden offensichtlich: Spieler mit älterer Hardware oder technischem Unwissen werden potenziell vom Spielerlebnis ausgeschlossen. Auf der Konsole war der bisherige "Kollateralschaden" eine von Cronus-Nutzern unterwanderte Spielumgebung, die ehrlichen Spielern den Spass verdarb. DICEs Massnahme hier ist der Versuch, diesen Schaden zu beheben. Die neue, härtere Linie in Battlefield 6 fordert von der Community eine höhere Akzeptanz für invasive Technologien und technische Hürden.