Ein Exklusiv-Interview mit Principal Game Designer Florian „Dongsy“ liefert tiefe Einblicke in die Kernmechaniken von Battlefield 6. Die Design-Philosophie zielt auf ein anspruchsvolles, aber erlernbares Spielerlebnis ab, das Elemente aus früheren Teilen der Serie neu kombiniert und weiterentwickelt.

 

Gunplay und Bewegung im Fokus der Entwicklung

In einem aufschlussreichen Gespräch legte Florian „Dongsy“, Principal Game Designer bei DICE und ehemaliger professioneller Battlefield-Spieler, die Design-Prinzipien hinter dem Waffenhandling und den Bewegungsabläufen des kommenden Shooters dar. Der Kernansatz ist eine Fusion aus den Stärken von Battlefield 5 und Battlefield 4, angepasst an ein modernes Kriegsszenario.

Kurz & Knapp

  • Gunplay-Mix: Das Waffenverhalten ist eine Weiterentwicklung der Systeme aus BF5 und BF4.
  • Dispersion & Recoil: Das Schiessmodell unterscheidet klar zwischen unkontrollierbarer Streuung (Dispersion) und kontrollierbarem Rückstoß (Recoil).
  • Burst Fire ist optimal: Kurze Feuerstöße sind durch einen sehr schnellen Reset der Streuung die effektivste Schussmethode.
  • Waffen-Balancing: Waffen sind stark auf spezifische Distanzen und Rollen ausgelegt, um Allrounder zu vermeiden.
  • Sweet Spot kehrt zurück: Scharfschützengewehre erhalten wieder einen Distanzbereich für maximale Effektivität, jedoch in angepasster Form.
  • Bewegungssystem: Die Bewegungsabläufe basieren auf BF5, wobei extreme Techniken zur Förderung taktischer Vielfalt reguliert werden.

Die Wissenschaft des Schießens: Eine kalkulierte Fusion

Das Gunplay in Battlefield 6 stützt sich auf zwei zentrale Säulen: Dispersion (Streuung) und Rückstoß (Recoil). Diese bewusste Trennung bildet die Grundlage für die Waffenbeherrschung und das Balancing im Spiel.

Dispersion vs. Rückstoß: Die zwei Säulen der Waffenbeherrschung

Dongsy definiert die Dispersion als die inhärente Ungenauigkeit einer Waffe, die durch Maus- oder Stickbewegungen nicht kompensiert werden kann. Bei Dauerfeuer vergrößert sich ein imaginärer Streuungskegel, der die Präzision verringert. Der erste Schuss im Stillstand ist hingegen, ähnlich wie in Counter-Strike, äußerst präzise.

Dieses System ist notwendig, um die Vielzahl an Waffen sinnvoll zu differenzieren. Es stellt sicher, dass eine Maschinenpistole auf ihre vorgesehene kurze Distanz dominiert, aber auf weite Entfernung nicht die Rolle eines Sturmgewehrs übernehmen kann.

Der Rückstoß hingegen beschreibt die physische Bewegung der Waffe, die meist vertikal verläuft und vom Spieler aktiv kontrolliert werden muss. Zahlreiche Waffenaufsätze werden es ermöglichen, beide Faktoren – Dispersion und Rückstoß – individuell anzupassen.

Feuerdisziplin als Schlüssel: Warum Burst Fire dominiert

Die Entwickler legen das System gezielt auf Feuerstöße (Burst Fire) aus. Kurze Salven von drei bis vier Schuss gelten als optimal. Ein entscheidender Faktor hierbei ist, dass sich die Dispersion extrem schnell zurücksetzt, sobald Du den Abzug loslässt. Bereits nach 50 bis 100 Millisekunden ist die Waffe wieder auf maximaler Präzision. Dies belohnt kontrolliertes Schießen gegenüber blindem Dauerfeuer. Bei sehr weiten Zielen wird Einzelfeuer (Tap Firing) empfohlen.

Waffen-Balancing: Klare Rollen, keine Alleskönner

Das Waffenarsenal von Battlefield 6 ist konsequent auf spezifische Einsatzbereiche und Distanzen ausbalanciert. Jede Waffenkategorie erfüllt eine klare Rolle auf dem Schlachtfeld.

Fallbeispiel aus der Beta: M41 gegen AK205

Die unterschiedliche Designphilosophie wurde bereits in der Beta deutlich. Die M41 agierte als Nahkampfspezialist mit einer extrem schnellen Time-to-Kill (TTK) von 200 Millisekunden auf unter 10 Metern, verlor jedoch auf Distanz rapide an Effektivität. Im Gegensatz dazu stand die AK205, deren TTK im Nahkampf mit rund 370 Millisekunden deutlich höher lag, die aber auf Distanzen über 50 Metern durch ihre hohe Stabilität und Präzision überzeugte. Sie ist eine Waffe, die auf überlegtes Positionsspiel ausgelegt ist.

WaffeOptimale DistanzTTK (Nahkampf)Stärken
M41< 10 Meter200 msAggressives Vorgehen, Flankieren
AK205> 50 Meter370 msPositionsspiel, mittlere bis hohe Reichweite

Die Waffenkategorien folgen dieser Logik:

  • SMGs: Primär für den Nahkampf.
  • Carbines: Ein Mittelweg zwischen SMGs und Sturmgewehren, tendenziell aber für kürzere Distanzen.
  • Assault Rifles: Ausgelegt für mittlere bis längere Gefechtsdistanzen.

Rückkehr mit Anpassungen: Der "Sweet Spot" für Scharfschützen

Das "Sweet Spot"-System aus Battlefield 1 kehrt zurück. Scharfschützengewehre erhalten einen vordefinierten Distanzbereich, in dem sie erhöhten Schaden verursachen und One-Hit-Kills ermöglichen. Die Distanzintervalle sind jedoch enger gefasst als früher. Das Scharfschützengewehr der Beta hatte seinen Sweet Spot beispielsweise zwischen 80 und 100 Metern. Geplant sind auch Varianten mit einem Sweet Spot ab 60 Metern.

 

Um zu verhindern, dass Scharfschützen im Nahkampf übermächtig werden, gibt es keine One-Shot-Fähigkeit auf Tuchfühlung. Für Spieler, die einen aggressiveren Stil bevorzugen, wird ein neuer Scharfschützen-Archetyp eingeführt. Dieser verzichtet auf einen Sweet Spot, verursacht aber von Haus aus höheren Grundschaden und ermöglicht einen schnelleren Waffenwechsel zur Sekundärwaffe.

Bewegung: Skill-basiert, aber ohne “Extreme”

Die Bewegungsmechaniken orientieren sich stark an Battlefield 5, wurden jedoch an entscheidenden Stellen justiert, um die taktische Tiefe zu erhöhen, ohne das Gameplay durch exzessive Manöver zu beeinträchtigen.

Die Debatte nach der Beta: Kontrolle statt Chaos

Nach der Beta gab es in der Community Diskussionen über angebliche "Nerfs" von Techniken wie dem "Bunny Hop". Dongsy stellt klar, dass Bewegungs-Skill belohnt werden soll. Gleichzeitig möchte das Team aber verhindern, dass permanentes Rutschen oder Springen zur einzig validen Taktik wird.

Das Ziel ist, das Skill-Ceiling zu erhöhen. Spieler sollen bewusst entscheiden, welche Bewegung in welcher Situation sinnvoll ist, anstatt ein einziges Manöver durchgehend zu nutzen.

Die Grundgeschwindigkeit wurde seit der Beta kaum verändert. Lediglich "Extreme", bei denen Spieler durch die Kombination von Manövern "fast fliegen" konnten, wurden reguliert. Als Ausgleich erhalten Spieler nun mehr Kontrolle über den Slide in der Luft ("Air Control").

Risiko und Belohnung: Der neue taktische Sprint

Die Basis-Sprintgeschwindigkeit ist mit 6 m/s bewusst moderat gehalten. Um sich schneller über die Karte zu bewegen, kannst Du Dein Messer ausrüsten, was einen Geschwindigkeitsbonus von über 15 % gewährt. Dieser "Messer-Lauf" ist ein bewusster strategischer Kompromiss: Du gewinnst an Mobilität, bist aber bei einem plötzlichen Feindkontakt im Nachteil, da Du nicht sofort schießen kannst. Dies ist die situationale Alternative zum permanent verfügbaren "Tactical Sprint" aus Battlefield 2042, der keine Nachteile mit sich brachte.

Grenzen des Systems: Warum es kein manuelles Lehnen gibt

Obwohl manuelles Lehnen wie in BF5 intern diskutiert wurde, scheiterte die Implementierung an den begrenzten Eingabemöglichkeiten von Controllern. Funktionen wie der Slide, Gadgets und der taktische Sprint belegen bereits alle Tasten, sodass für eine elegante und intuitive Steuerung des Lehnen kein Platz blieb. Extreme Bewegungsformen wie Wall Jumps oder Wall Runs werden voraussichtlich nicht implementiert, da sie nicht zur Kernidentität von Battlefield passen.