Microsoft untersucht Berichte, wonach das August-Update KB5063878 für Windows 11 zu Datenkorruption und dem Ausfall von SSD-Laufwerken führen kann. Das Problem tritt offenbar unter sehr spezifischen Bedingungen bei hoher Schreiblast auf und betrifft vor allem SSDs mit bestimmten Controller-Typen.
Update KB5063878: Microsoft untersucht Berichte über SSD-Datenverlust
Microsoft hat eine Untersuchung zu schwerwiegenden Problemen mit Solid-State-Drives (SSDs) nach der Installation des kumulativen Updates KB5063878 für Windows 11 24H2 (Build 26100.4946) bestätigt. Gegenüber der Publikation Windows Latest teilte ein Sprecher mit: "Wir sind uns dieser Berichte bewusst und untersuchen sie gemeinsam mit unseren Partnern." Einer dieser Partner sei der Controller-Hersteller Phison.
Die Berichte, die erstmals nach dem Patchday am 12. August 2025 auftauchten, beschreiben ein beunruhigendes Fehlerbild: SSDs verschwinden plötzlich aus dem System oder Partitionen werden als "RAW" angezeigt, was einem Datenverlust gleichkommt.
Das Wichtigste in Kürze
- Microsoft bestätigt die Untersuchung von SSD-Problemen nach dem Update KB5063878.
- Symptome sind verschwundene Laufwerke (auch im BIOS) und als "RAW" angezeigte Partitionen.
- Das Problem wird durch hohe, langanhaltende Schreiblast auf bereits zu über 60 % gefüllten SSDs ausgelöst.
- Als Auslöser dienen oft große Game-Updates (z. B. Cyberpunk 2077), die Ursache liegt aber im Betriebssystem.
- Ein Fokus der Untersuchung liegt auf SSDs mit Controllern von Phison, aber auch andere könnten betroffen sein.
- Das Problem scheint isoliert aufzutreten und erfordert eine spezifische Konstellation aus Hard- und Software.
Das Fehlerbild: Verschwundene Laufwerke und RAW-Partitionen
Ausgangspunkt der Berichte waren Nutzer aus Japan, die nach der Installation des Updates und anschließenden Aktualisierungen für große Spiele wie Cyberpunk 2077 oder Honkai: Star Rail den plötzlichen Ausfall ihres Laufwerks bemerkten. Der Fehler lässt sich unter bestimmten Stressbedingungen reproduzieren.
Das Resultat ist, dass die SSD für das Betriebssystem nicht mehr sichtbar ist. Die Partitionstabelle wird als "RAW" ausgewiesen, was bedeutet, dass Windows das Dateisystem nicht mehr erkennt. Im schlimmsten Fall wird das Laufwerk weder im Datei-Explorer noch im BIOS des Rechners aufgeführt. Begleitende Symptome können das Einfrieren des Datei-Explorers, I/O-Fehler (Eingabe/Ausgabe) und nicht mehr auslesbare S.M.A.R.T.-Werte sein.
Ursachenforschung: Spezifische Schreiblast als Auslöser
Die Tatsache, dass die Probleme oft nach Game-Updates auftreten, ist kein Zufall, liegt aber nicht an den Spielen selbst. Patches für moderne Titel umfassen oft 50 Gigabyte oder mehr und erzeugen so eine langanhaltende, hohe Schreiblast auf dem Datenträger. Diese Art von Operation legt offenbar einen Fehler in Windows 11 24H2 offen, der mit KB5063878 eingeführt oder verschärft wurde.
Das Fehlerbild tritt gehäuft auf, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Die SSD ist bereits zu mehr als 60 Prozent gefüllt und es erfolgt eine kontinuierliche Schreiboperation von circa 50 GB oder mehr.
Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine einzelne große Datei oder viele kleine Dateien handelt. Dieser Workload bringt offenbar eine unglückliche Verkettung von Faktoren im Zusammenspiel von Betriebssystem und SSD-Firmware in Gang.
Betroffene Hardware: Controller von Phison im Fokus
Obwohl Microsoft die Untersuchung mit Phison bestätigt hat, einem taiwanischen Hersteller von Controllern für NAND-Flash-Speicher, scheint das Problem nicht exklusiv auf diesen Hersteller beschränkt zu sein. Es gibt vereinzelte Berichte, die auch Controller von InnoGrit und Maxio in diesem Zusammenhang nennen. Auffällig ist, dass SSDs von Herstellern wie Samsung und Seagate, die ihre eigenen Controller entwickeln, bisher nicht in den Berichten auftauchen.
Dennoch ist von einer pauschalen Bewertung von Marken abzuraten. Die Fehlerwahrscheinlichkeit scheint von einer komplexen Mischung aus Firmware, der Handhabung der Befehlswarteschlangen (Queue Depth), der Kapazität und dem Füllstand der SSD abzuhängen. Die folgende, von Testern erstellte Liste zeigt einige Modelle, die nach dem Update Probleme aufwiesen, und verdeutlicht, dass das Verhalten selbst innerhalb einer Produktlinie variieren kann.
SSD-Modell | Status nach Auftreten des Fehlers |
---|---|
WD Blue SN5000 2TB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
WD Red SA500 2TB SATA | Wiederhergestellt nach Neustart |
WD Blue SA570 1TB SATA M.2 | Wiederhergestellt nach Neustart |
WD Blue SA510 2TB SATA | Nicht mehr zugreifbar, Neustart hilft nicht |
Corsair MP510 960GB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
Corsair MP600 2TB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
SK hynix Platinum P41 NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
Crucial P3 Plus NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
ADATA LEGEND 800 2TB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
HP FX7000 2TB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
XPG SX8200 Pro 2TB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
Hanye HE70 2TB NVMe | Wiederhergestellt nach Neustart |
Quelle: Niche Gamer, Tester-Community
Mögliche technische Hintergründe: Ein Fehler im Storage-Stack?
Eine Hypothese zur technischen Ursache deutet auf einen Fehler im Storage-Stack von Windows 11 hin, der durch das Update KB5063878 verursacht wurde. Während langer, zusammenhängender Schreibvorgänge könnte das Betriebssystem zu viele Daten im Puffer halten. Der Kernel verwaltet dabei die Reihenfolge der Flush- und FUA-Befehle (Force Unit Access) fehlerhaft, was zu einem Aufblähen der I/O-Warteschlangen führt.
Ist die SSD bereits relativ voll, ist der effektive SLC-Cache kleiner und freie Blöcke sind rar. Die Firmware der SSD intensiviert Prozesse wie Garbage Collection und Wear-Leveling, was die Schreibverstärkung erhöht. Anstatt den Schreibvorgang zu drosseln (Backpressure), reiht Windows weitere Schreibbefehle ein. An einem kritischen Punkt könnte der SSD-Controller daraufhin überlastet sein, sich zurücksetzen oder nicht mehr antworten.
In den meisten Fällen führt ein Neustart des Systems dazu, dass das Laufwerk wieder erkannt wird. Wenn jedoch während des Ausfalls die Partitionstabelle oder der NTFS-Header beschädigt wurden, bleibt das Laufwerk unlesbar (RAW). In einigen Fällen konnten Nutzer die Partitionstabelle mit Tools wie TestDisk wiederherstellen oder das Laufwerk durch ein vollständiges Löschen (Zero-Fill) unter Linux wiederbeleben – beides führt jedoch zum Verlust aller Daten. Die Deinstallation des Updates scheint einen bereits entstandenen Schaden auf der SSD nicht zu beheben.
Einschätzung und Empfehlung: Geringes Risiko, aber Vorsicht geboten
Trotz der Schwere des potenziellen Fehlers handelt es sich um ein isoliertes Problem, das eine sehr spezifische Konstellation erfordert. Die meisten Nutzer werden diesen Workload im Alltag nicht erzeugen.
Wer sein System nicht regelmäßig derartigen Schreib-Stresstests aussetzt, sollte das Sicherheitsupdate KB5063878 nicht voreilig deinstallieren. Wer unsicher ist, kann die Installation von Windows-Updates über die Einstellungen für sieben Tage pausieren. Microsoft dürfte in den kommenden Tagen weitere Informationen oder einen Fix bereitstellen.
Die Berichte über ausfallende SSDs nach dem August-Update für Windows 11 sind ernst zu nehmen, auch wenn die Zahl der Betroffenen gering zu sein scheint. Das Fehlerbild deutet auf ein tiefgreifendes Problem im Zusammenspiel des Windows-Speichermanagements mit der Firmware bestimmter SSD-Controller hin. Microsofts prompte Bestätigung der Untersuchung lässt auf eine hohe Priorität schließen. Nutzer, deren Alltagsprofil hohe und langanhaltende Schreiblasten auf fast vollen SSDs umfasst, sollten vorerst Vorsicht walten lassen und die weiteren Entwicklungen abwarten.