RAM zum "Tagespreis" wie Hummer: Warum Hardware-Preise jetzt komplett ausser Kontrolle geraten
Kurz & Knapp
- Tagespreise im Laden: Shops wie Micro Center entfernen Preisschilder, weil die RAM-Kosten stündlich schwanken – wie bei Hummer im Restaurant.
- 300% Preisanstieg: Standard-DDR5-Kits haben sich innerhalb von drei Monaten im Preis verdreifacht (z.B. von $130 auf $440).
- Tim Sweeney warnt: Der Epic-CEO bestätigt, dass Fabriken Kapazitäten für Gamer abziehen, um den profitableren KI-Markt zu bedienen.
- Konsolen-Gefahr: Während Sony offenbar Speicher gebunkert hat, drohen bei Xbox und der kommenden Valve Steam Machine Preiserhöhungen oder Verzögerungen.
Wenn der RAM wie "Catch of the Day" verkauft wird
Es klingt wie Satire, ist aber bittere Realität. Berichte aus den USA zeigen Bilder aus Hardware-Stores wie Central Computers und Micro Center, die kapitulieren. Anstatt Preise an die Regale zu schreiben, hängen dort nun Zettel mit Aufschriften wie:
"Aufgrund globaler Knappheit [...] schwanken die Kosten täglich. Deshalb können wir derzeit keine festen Preise anzeigen. Bitte fragen Sie einen Mitarbeiter nach dem aktuellen Tagespreis."
Steve Lin und andere Branchenbeobachter vergleichen dies treffend mit der Speisekarte in einem Fischrestaurant, wo hinter dem Hummer nur "Marktpreis" steht. Das signalisiert eine Volatilität, die für den Endverbrauchermarkt absolut toxisch ist. Händler trauen sich nicht mehr, einen Preis für die nächste Woche oder auch nur den nächsten Tag zu garantieren.
Die nackten Zahlen
Um zu verstehen, wie schnell das ging, hilft ein Blick auf konkrete Kaufbelege. Der Tech-YouTuber Theo (t3.gg) veröffentlichte Belege, die zeigen:
- Vor 4 Wochen: 64GB RAM für 240 Dollar.
- Heute: Das exakt gleiche Kit kostet 498 Dollar.
Noch extremer erging es Sean Hollister von The Verge. Ein Kit, das er vor drei Monaten für 130 Dollar kaufte, liegt heute bei 440 Dollar. Das ist kein Inflationsausgleich, das ist eine Marktverzerrung von über 200 bis 300 Prozent in einem Quartal.
Tim Sweeney packt aus: Warum wir Gamer verlieren
Warum passiert das? Ist es Gier der Händler? Nein, das Problem liegt in der Fertigung. Tim Sweeney, CEO von Epic Games, hat es auf Twitter/X präzise auf den Punkt gebracht. Es ist nicht nur eine Knappheit, es ist eine Verdrängung.
Tim Sweeney: "RAM-Preiserhöhungen werden für High-End-Gaming über Jahre hinweg ein echtes Problem bleiben. Fabriken leiten Kapazitäten für Spitzen-DRAM um, um den KI-Bedarf zu decken, wo Rechenzentren weit höhere Gebote abgeben als die Hersteller von Consumer-Geräten."
Übersetzt heisst das: Wenn Microsoft oder OpenAI bei SK Hynix oder Samsung anklopfen und bereit sind, den doppelten Preis für Speicherchips zu zahlen, um ihre KI-Modelle zu trainieren, fliegst du als Gamer (oder Corsair als Ram-Hersteller) aus der Produktionsplanung. Die Fertigungsstrassen sind endlich. Jedes Wafer, das für HBM (High Bandwidth Memory für KI) genutzt wird, fehlt für deinen DDR5-RAM oder den GDDR7-Speicher deiner nächsten Grafikkarte.
Der Domino-Effekt: Konsolen, Steam Machine und GPUs
Diese Krise bleibt nicht beim Arbeitsspeicher stehen. RAM ist in allem.
- Valve in der Klemme: Valve hat bereits signalisiert, dass sie für die kommende Steam Machine keinen festen Preis versprechen können. Wenn eine Kernkomponente ihren Preis verdreifacht, kalkuliert sich die Hardware nicht mehr.
- Xbox vs. Playstation: Gerüchte (u.a. von Moore's Law Is Dead) besagen, dass Microsoft gezwungen sein könnte, die Xbox-Preise anzuheben. Sony hingegen scheint – in einem seltenen strategischen Meisterzug – genug RAM-Bestände angehäuft zu haben, um die PS5 (Pro) Preisstabilität vorerst zu garantieren. Das könnte das Weihnachtsgeschäft 2025/26 entscheiden.
- GPU-Rückkopplung: Wie wir im vorherigen Bericht analysiert haben, warnen Digital Foundry und Hersteller wie PowerColor bereits vor steigenden GPU-Preisen. Grafikkarten brauchen Massen an VRAM. Wenn der Speicher teurer wird, werden auch Nvidia und AMD diese Kosten durchreichen. Die Hoffnung, dass sich die GPU-Preise "beruhigen", ist damit vom Tisch.