Wenn wir dachten, die letzten Wochen waren turbulent, dann war das nur das Vorgeplänkel. Die Ereignisse der letzten 24 Stunden haben die Landschaft des PC-Bauens fundamental verändert. Es geht nicht mehr nur um hohe (RAM-)Preise – ganze Marken verschwinden, und die Versorgungsketten brechen für Endverbraucher zusammen. Wer jetzt noch plant, einen PC zu bauen, läuft in ein offenes Messer.
Der Todesstoss für Budget-PCs: Crucial gibt auf, AMD erhöht Preise über Nacht und Nvidia dreht den Hahn zu - ...und RAM bleibt teuer!
Kurz & Knapp
- Micron zieht den Stecker: Der Speicher-Gigant stellt die Consumer-Marke Crucial bis Februar 2026 komplett ein, um sich nur noch auf KI-Rechenzentren zu fokussieren.
- AMD CPU-Preiserhöhung: Seit Mitternacht gelten neue, höhere Händlerpreise für Ryzen 9000 und AM5-Vorgänger – unabhängig von Speicherpreisen.
- GPU-Aufschläge bestätigt: AMD-Grafikkarten werden pauschal teurer: +20$ für 8GB-Modelle, +40$ für 16GB-Modelle.
- Nvidia kappt VRAM-Versorgung: Gerüchte verdichten sich, dass Nvidia keine Speicherchips mehr an Board-Partner liefert, was einen Bieterkrieg auslöst.
- Samsung kannibalisiert sich: Selbst die eigene Smartphone-Sparte (Galaxy S26) bekommt weniger Speicher zugewiesen, da KI-Server Vorrang haben.
Das Ende einer Ära: Crucial ist Geschichte
Die Überraschung kommt aus Boise, Idaho. Micron Technology hat am 3. Dezember 2025 offiziell angekündigt, das Consumer-Geschäft unter der Marke Crucial aufzugeben.
Micron Pressemitteilung: "Das KI-getriebene Wachstum im Rechenzentrum hat zu einem Nachfrageschub geführt. Micron hat die schwierige Entscheidung getroffen, das Crucial Consumer-Geschäft aufzugeben, um die Versorgung unserer grösseren strategischen Kunden in schneller wachsenden Segmenten zu verbessern."
Crucial war über Jahrzehnte der "Brot-und-Butter"-Lieferant für zuverlässigen, bezahlbaren RAM und SSDs. Dass ein Hersteller dieser Grösse den Endkundenmarkt komplett verlässt, wiegt schwer: Der Gamer ist als Kunde irrelevant geworden.
Die Margen im KI-Sektor sind so gewaltig, dass der Verkauf von SSDs an dich und mich nur noch als Belastung der Fertigungskapazitäten gesehen wird. Bis Februar 2026 werden die Bestände abverkauft, danach verschwindet die Marke vom Markt.
Der Zangenangriff auf deinen Geldbeutel: CPU & GPU
Während Micron den Rückzug antritt, zieht AMD die Preisschraube an – und zwar sofort.
CPUs: Der Mitternachts-Schock
Laut Berichten von Overclock3D und Branchenquellen hat AMD seine Partner über Preiserhöhungen informiert, die faktisch seit heute Nacht gelten. Betroffen sind:
- Die aktuelle Ryzen 9000-Serie (inkl. 9800X3D).
- Die ältere Ryzen 7000-Serie.
Das Perfide daran: Diese Erhöhung hat nichts mit der RAM-Knappheit zu tun. Es ist eine reine Preisanpassung auf Distributoren-Ebene, möglicherweise getrieben durch gestiegene Wafer-Kosten oder schlichte Gewinnmitnahme nach dem Ende der Black-Friday-Sales. Wenn du den "Kaufen"-Button gestern nicht gedrückt hast, zahlst du ab heute den Aufschlag.
GPUs: Die VRAM-Steuer ist da
Was wir als Gerücht befürchtet haben, hat sich nun konkretisiert. Der Leaker harukaze5719, bekannt für präzise Industrie-Infos, nennt die exakten Aufschläge, die AMD auf Grafikkarten erhebt, um die gestiegenen Speicherkosten weiterzureichen:
- Karten mit 8GB VRAM: +20 US-Dollar
- Karten mit 16GB VRAM: +40 US-Dollar
Das trifft besonders die Einsteiger- und Mittelklasse (RX 7600, RX 9060 XT) hart. Bei einer 300-Dollar-Karte sind 40 Dollar Aufschlag signifikant. Es macht Budget-Builds fast unmöglich, da die Komponenten, die eigentlich günstig sein sollten, prozentual am stärksten steigen.
Nvidia und das "Hunger Games"-Szenario für Board-Partner
Die vielleicht gefährlichste Entwicklung findet im Hintergrund bei Nvidia statt. Berichte aus China (Weibo) deuten darauf hin, dass Nvidia aufgehört hat, VRAM-Pakete zusammen mit den GPU-Chips an seine Board-Partner (wie ASUS, MSI, Gigabyte) zu liefern.
Bisher war es ein "Rundum-Sorglos-Paket". Jetzt zwingt Nvidia seine Partner offenbar dazu, den Speicher selbst auf dem freien Markt zu beschaffen. Das Resultat:
- Board-Partner müssen direkt gegen Apple, Tesla und die KI-Giganten um Speicherchips bieten.
- Kleinere Hersteller (wie PowerColor oder Zotac) haben weniger Kaufkraft und könnten leer ausgehen oder extrem hohe Preise zahlen müssen.
- Die Marktvolatilität wird direkt auf den Grafikkartenpreis durchschlagen.
Das erklärt auch die dringende Warnung von PowerColor auf Reddit: "Kauft vor der letzten Woche des Jahres".
Sie wissen, dass sie den Preiskampf um die Speicherchips verlieren werden oder die Kosten 1:1 an dich weitergeben müssen.
Das grosse Fressen: KI vs. Alles andere
Wir müssen verstehen, dass dies kein temporärer Engpass ist. Es ist eine strukturelle Neuordnung der Ressourcen.
- Samsung priorisiert KI-Server so stark, dass die eigene Mobile-Sparte (MX Division) alle drei Monate neu um Speicher betteln muss, anstatt wie früher Jahresverträge zu haben. Selbst das kommende Galaxy S26 leidet unter dieser Knappheit.
- TrendForce Daten zeigen, dass Samsung und die SK Group (SK hynix + Solidigm) zusammen über 50% des NAND-Flash-Marktes kontrollieren. Diese Machtkonzentration bedeutet, dass sie diktieren können, wohin der Speicher fliesst. Und er fliesst dorthin, wo das Geld ist: In "Enterprise"-Lösungen.
- Qualcomm (via LI) pusht zeitgleich "Active AI" für Überwachungssysteme. Das bedeutet: Noch mehr Kameras, die noch mehr Speicher und Rechenleistung direkt am Gerät ("Edge AI") benötigen. Jede "intelligente" Überwachungskamera konkurriert nun indirekt mit deinem Gaming-PC um Silizium.
Deine Strategie in der Hardware-Krise
Die Nachricht vom Ende der Marke Crucial sollte dein Handeln diktieren.
- Sichere dir SSDs: Wenn du Crucial P3/P5 SSDs oder deren DDR5-Kits magst, kauf sie jetzt. Nicht wegen des Preises, sondern wegen der Existenz. Ab Februar ist Schluss.
- Pre-Builts als Rettungsanker: Wie Gizmodo analysiert, wird der Selbstbau ("DIY") in den nächsten Monaten zur finanziellen Falle. Grosse Systemintegratoren haben noch alte Lagerbestände und langfristige Verträge. Ein Fertig-PC von der Stange ist aktuell oft günstiger als die Summe seiner (überteuerten) Einzelteile.
- Warte nicht auf die "neue Generation": Die Hoffnung, dass die RTX 50-Serie oder RDNA 4 Entspannung bringt, ist trügerisch. Diese Karten werden in diesen überhitzten Markt hineingeboren. Die UVPs werden die Realität der Speicherpreise widerspiegeln.
Wir bewegen uns auf einen Zustand zu, in dem High-End-Gaming am PC ein exklusiver Club für diejenigen wird, die bereit sind, Enterprise-Preise zu zahlen. Für alle anderen wird der Gebrauchtmarkt oder die Konsole die einzige Zuflucht.