Vince Zampella, Schöpfer von Call of Duty und ironischerweise jetziger Battlefield-Chef, packt aus. Seine Begründung für die Existenz von CoD ist eine Lektion in Sachen Firmenarroganz und die schönste Pointe, die die Spielebranche seit Langem geschrieben hat.
Zampellas späte Abrechnung: Wie EAs Arroganz Call of Duty erst erschuf
In einer Branche, die von polierten PR-Floskeln und einstudiertem Lächeln lebt, ist ein Moment roher Ehrlichkeit Gold wert. Vince Zampella, der heutige Taktgeber bei Battlefield, lieferte genau das in einem Interview mit dem Magazin GQ. Auf die Frage nach den Ursprüngen von Call of Duty gab es keine romantisierte Gründungslegende, sondern eine simple Wahrheit: Die Reihe existiere nur, weil "EA Arschlöcher waren".
Kurz & Knapp
- Klartext von Zampella: Der Battlefield-Chef nennt EAs damaliges Geschäftsgebaren ungeschönt als alleinigen Grund für die Geburt von Call of Duty.
- Der Anfang vom Ende: Zampellas Team lieferte mit Medal of Honor: Allied Assault für EA einen Meilenstein ab.
- Der klassische Publisher-Move: Anstatt das Talent zu halten, wollte EA die Marke lieber intern "optimieren" und das Studio schlucken.
- Die Trotzreaktion: Das frisch gegründete Studio Infinity Ward rannte daraufhin geradewegs in die Arme von Activision.
- Rache als Geschäftsmodell: Das erste Call of Duty wurde unverhohlen als "MOH Killer" konzipiert – mit bekanntem Ausgang.
- Die ultimative Ironie: Nach einem unschönen Abgang bei Activision ist Zampella heute der Mann, der für EA die Battlefield-Karre aus dem Dreck zieht.
Wie man sein goldenes Kalb schlachtet: Eine EA-Masterclass
Hinter Zampellas vulgärer, aber treffender Analyse steckt eine Geschichte, die man so nur in den Chefetagen grosser Publisher findet. Bevor sein Name untrennbar mit Call of Duty verbunden war, schuf er mit dem Studio 2015 Inc. für Electronic Arts den Genre-Primus Medal of Honor: Allied Assault. Ein Titel, der nicht nur die Kassen klingeln liess, sondern auch definierte, wie ein cineastischer Shooter auszusehen hat.
"Wir waren in einer Situation mit unbezahlten, aber gelieferten Meilensteinen und keinen Mitteln, um weiterzuarbeiten", fasste der ehemalige Infinity Ward Artist Justin Thomas die "partnerschaftliche" Zusammenarbeit mit EA bereits 2013 zusammen.
Anstatt das Erfolgsteam mit Geld zu überschütten und auf Knien um eine Fortsetzung zu bitten, wählte EA den Weg, den Konzerne eben wählen: Man wollte die volle Kontrolle, die Marke einverleiben und das Studio gleich mit. Als das Team dankend ablehnte, um seine kreative Seele nicht im Meeting-Raum zu verlieren, drehte man ihnen offenbar den Geldhahn zu. Ein Lehrbuchbeispiel für kurzsichtige Profitgier.
Activision riecht Blut: Die Geburt des Imperiums
In dieser von EA selbst geschaffenen Notlage klopfte das neue Studio, Infinity Ward, bei der Konkurrenz an. Activision, damals noch nicht der alles verschlingende Gigant von heute, erkannte die einmalige Chance. Man verpflichtete nicht nur ein Team, sondern die Wut und den Ehrgeiz, es dem ehemaligen Arbeitgeber heimzuzahlen.
Das erste Projekt hatte daher auch nur ein Ziel: EAs Flaggschiff Medal of Honor zu versenken. Das Resultat, Call of Duty, übertraf selbst die kühnsten Erwartungen und degradierte EAs einst stolze Marke über die Jahre zu einer Fussnote der Geschichte.
Eine Karriere als Farce: Erst gefeuert, dann gefeiert
Zampellas Weg ist gesäumt von brennenden Brücken. Nach dem gigantischen Erfolg von Modern Warfare 2 folgte der nächste Knall: der Rauswurf bei Activision. In einer schmutzigen öffentlichen Schlammschlacht warf man ihm und seinem Partner Vertragsbruch vor. Es folgte ein bizarrer Rechtsstreit, an dessen Ende Zampella um einen beträchtlichen Batzen Geld reicher war.
Er gründete Respawn Entertainment und landete – man kann es sich nicht ausdenken – wieder im Schoß von Electronic Arts. Nach Erfolgen wie Titanfall und Apex Legends war er plötzlich der anerkannte Visionär, dem man nun zutraute, die strauchelnde Battlefield-Serie zu retten.
Dass heute ausgerechnet der Mann, der EA aus reinem Groll einen Konkurrenten erschuf, der sie Milliarden kostete, nun als Retter für ebendiesen Publisher gefeiert wird, ist die Art von zynischer Pointe, die das Geschäft mit Videospielen so unterhaltsam macht. Seine jüngste Aussage ist keine Klage, sie ist eine Siegerrunde. Eine kalte, späte Genugtuung, serviert mit einem süffisanten Lächeln.