YouTubes plötzliche Moral: Neue Gewalt-Richtlinie zielt auf Folter und "Nicht-Kombattanten" – Ein Schelm, wer an GTA 6 denkt
YouTube hat mal wieder seine Richtlinien aktualisiert. Pünktlich vor der erwarteten Content-Welle zu Grand Theft Auto 6 entdeckt die Plattform ihr Gewissen für "realistische" Gewalt und "Nicht-Kombattanten". Wir schauen uns an, was hinter der PR-polierten Ankündigung steckt und warum auch Skin-Gambler aufhorchen sollten.
YouTube poliert die Zensurschraube: Neue Altersbeschränkungen vor dem GTA 6-Ansturm
YouTube hat eine Aktualisierung seiner Inhaltsrichtlinien angekündigt, die ab dem 17. November in Kraft tritt. Im Fokus stehen strengere Regeln für die Darstellung von Gewalt in Spielen und eine Definition von Glücksspiel, die – man höre und staune – nun auch Skins und NFTs umfasst. Die Formulierungen zur Gewalt lesen sich dabei wie eine direkte Vorbereitung auf den unvermeidlichen Grand Theft Auto 6-Content.
Kurz & Knapp
- YouTube führt ab 17. November neue Altersbeschränkungen (Age-Gating) für Gaming-Inhalte ein.
- Videos mit "realistischer" Folter oder Massengewalt gegen Zivilisten (Hallo, GTA!) werden auf 18+ gesetzt.
- Dauer der Szene und der Fokus des Videos auf die Gewalt sind angeblich die entscheidenden Kriterien.
- Glücksspiel-Richtlinien werden (endlich) explizit um Skin-Gambling und NFTs erweitert.
- Inhalte, die "Social Casino Sites" bewerben oder dorthin verlinken, erhalten ebenfalls eine Altersbeschränkung.
- Bestehende Videos können nachträglich eingeschränkt werden, aber YouTube verteilt grosszügig keine "Strikes" dafür.
Das "GTA 6"-Update: Gewalt gegen Nicht-Kombattanten
Die signifikanteste Änderung betrifft die Richtlinie zu gewalttätigen Inhalten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass diese Verschärfung just in dem Moment angekündigt wird, in dem die Welt auf den ersten Trailer zu Grand Theft Auto 6 wartet. Bisher war fiktive Gewalt in Spielen ja kein grosses Problem, solange es nicht zu blutig wurde.
In der Ankündigung heisst es nun:
"In Ergänzung zu unseren bestehenden Richtlinien [...] werden wir eine zusätzliche kleine Untergruppe von Videospielinhalten mit einer Altersbeschränkung versehen, die realistische menschliche Charaktere zeigen und sich auf Szenen der Folter oder Szenen von Massengewalt gegen Nicht-Kombattanten konzentrieren."
Diese Formulierung liest sich wie eine Inhaltsangabe für ein typisches "Rampage"-Video der GTA-Reihe. Während GTA 5 selbst eine berüchtigte Folterszene bot, zielt die Regelung zu "Massengewalt gegen Nicht-Kombattanten" direkt auf die unzähligen Clips ab, in denen Spieler Amokläufe gegen Zivilisten veranstalten.
Das Timing ist natürlich reiner Zufall. YouTube bereitet lediglich seine Moderationswerkzeuge vor, um die unvermeidliche Flut von Clips, die Zivilisten in Vice City als Bowling-Pins missbrauchen, irgendwie zu kanalisieren, ohne Werbekunden zu vergraulen.
Was bedeutet das für Shooter und andere Spiele?
Für die meisten Shooter-Spieler dürfte sich wenig ändern. Der Schlüsselbegriff lautet "Nicht-Kombattanten". In Spielen wie Battlefield oder Call of Duty zielt die Gewalt primär auf gegnerische Soldaten, also Kombattanten. Standard-Multiplayer-Matches oder Kampagnen-Missionen sind von dieser neuen Regelung daher kaum betroffen.
Eine Ausnahme wäre da natürlich der Grossvater der inszenierten Tabubrüche: die "No Russian"-Mission aus Modern Warfare 2 (2009). Clips, die sich genüsslich ausschliesslich auf die Tötung von Zivilisten am Flughafen konzentrieren, dürften nun ebenfalls ins Visier der Altersbeschränkung geraten.
Die drei Kriterien der Moderation
YouTube nennt drei Faktoren, die bei der Bewertung eines Videos herangezogen werden. Man will ja nicht willkürlich wirken:
- Die Dauer der dargestellten Gewalt.
- Ob die Gewalt der Fokus des Videos ist.
- Ob die Charaktere im Spiel realistische Menschen sind.
Das impliziert: Wer bei der Flucht vor der Polizei versehentlich einen Passanten umnietet, wird wohl verschont. Wer jedoch eine Zehn-Minuten-"Zivilisten-Bowling"-Montage hochlädt, bekommt den 18+ Stempel. Ein cleverer Versuch, das Unvermeidliche zu "managen", statt es wirklich zu unterbinden.
Kampfansage an Skin-Gambling und NFTs
Fast noch überraschender als die Gewalt-Regel ist die Tatsache, dass YouTube im Jahr 2025 aufgewacht ist und die Existenz von Skin-Gambling anerkennt. Jahre, nachdem das Thema ganze Communitys (Hallo, CS:GO!) unterwandert hat, erweitert die Plattform nun ihre Definition von Glücksspiel.
- Glücksspiel mit Ingame-Skins: Inhalte, die Webseiten Dritter bewerben, auf denen mit Skins gewettet wird.
- NFTs: Inhalte, die Glücksspiele im Zusammenhang mit Non-Fungible Tokens bewerben.
Darüber hinaus werden "Social Casino Sites" – also Seiten, die Casino-Spiele ohne Echtgeldeinsatz, aber oft mit Ingame-Käufen anbieten – ebenfalls mit einer Altersbeschränkung versehen. Ein längst überfälliger Schritt, um eine Grauzone zu schliessen.
Umsetzung und Auswirkungen
Die neuen Regeln treten am 17. November 2025 in Kraft. YouTube kündigte an, dass die Richtlinien auch rückwirkend angewendet werden können. Ältere Videos, die gegen die neuen Bestimmungen verstossen, können also nachträglich eine Altersbeschränkung erhalten oder entfernt werden.
Immerhin zeigt sich die Plattform gnädig: Werden alte Videos nachträglich als problematisch eingestuft, soll es dafür keinen "Strike" geben. Grosszügig, wenn man bedenkt, dass man die Regeln erst jetzt erfindet, um Probleme von morgen (und gestern) zu lösen.