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Von TYay0 in Gaming news
vor 12 Stunden (aktualisiert vor 12 Stunden)

Postal: Bullet Paradise – Ein Studio zerbricht an der KI-Hexenjagd

Es dauerte keine 48 Stunden. Von der hoffnungsvollen Ankündigung bis zum totalen Ruin. Der Fall Postal: Bullet Paradise ist nicht nur eine weitere Gaming-News über ein eingestelltes Projekt, sondern ein brutales Lehrstück darüber, wie vergiftet das Klima in der Gaming-Branche geworden ist – und wie schnell echte Existenzen zwischen die Fronten eines ideologischen Krieges geraten können.
Postal: Bullet Paradise – Ein Studio zerbricht an der KI-Hexenjagd

Kurz & Knapp

  • Der Absturz: Am 3. Dezember angekündigt, wenige Tage später beerdigt. Postal: Bullet Paradise ist Geschichte.
  • Der Vorwurf: Fans sahen im Trailer Spuren generativer KI. Ein Urteil, das heutzutage einem digitalen Todesstoß gleichkommt.
  • Der Menschliche Preis: Das Entwicklerstudio Goonswarm Games schloss nach massiven Drohungen und Hasswellen für immer seine Pforten.
  • Die Reaktion: Publisher Running With Scissors (RWS) zog die Reißleine, nachdem der eigene Versuch der Verteidigung das Feuer nur noch mehr angefacht hatte.

Eine Chronologie des Scheiterns

Stell dir vor, du arbeitest sechs Jahre an einem Projekt. Es ist vielleicht kein Meisterwerk, vielleicht ist es technisch nicht brillant, aber es ist deine Arbeit. Dein Herzblut. Und dann, innerhalb von zwei Tagen, wird alles, was du aufgebaut hast, von einer wütenden Meute im Internet pulverisiert. Genau das ist dem Team von Goonswarm Games passiert.

Eigentlich sollte Postal: Bullet Paradise ein spaßiges "Bullet Heaven"-Spin-Off werden. Ein Genre-Snack für zwischendurch. Doch als der Trailer droppte, ging es nicht um Gameplay-Mechaniken. Die Community, sonst bekannt für ihren derben Humor und ein dickes Fell, zog eine harte moralische Grenze: Die Assets wirkten auf viele "seelenlos", inkohärent – der Verdacht auf KI-Einsatz stand sofort im Raum.

Das Erschreckende daran: Es gab keinen Prozess, keine Beweisaufnahme. Das Urteil der Masse wurde sofort vollstreckt. Zwischen Reveal und Studio-Auflösung lag kaum Zeit zum Atmen.

Postal: Bullet Paradise – Ein Studio zerbricht an der KI-Hexenjagd

Wenn Künstler ins Kreuzfeuer geraten

Wir müssen über die Atmosphäre sprechen, in der wir uns bewegen. Running With Scissors hatte sich kurz zuvor als Bastion gegen KI-Inhalte positioniert – eine Haltung, für die sie gefeiert wurden. Dass nun ausgerechnet unter ihrem Banner ein Spiel erschien, das genau danach aussah, wirkte auf die Fans wie ein persönlicher Verrat.

 

Aber hier wird es tragisch: Goonswarm Games beteuerte bis zur letzten Sekunde, keine KI verwendet zu haben. In ihrem Abschiedsbrief (siehe Bild oben) schreiben sie von "Künstlern, die ihre Seele in das Projekt gesteckt haben" und nun fälschlicherweise beschuldigt wurden.

 

Wir laufen Gefahr, in eine Paranoia abzurutschen. Wenn jeder Artstyle, der etwas generisch oder "uncanny" wirkt, sofort einen Shitstorm auslöst, trifft es zwangsläufig auch unschuldige Kreative. Es ist gut möglich, dass hier einfach nur handwerklich mittelmäßige Arbeit abgeliefert wurde. Ist das ein Verbrechen, das Drohungen, Beleidigungen und den Verlust des Arbeitsplatzes rechtfertigt? Wohl kaum.

Der "Edgelord" wird blass

Selbst Running With Scissors, die Meister der Provokation, die sonst über jeden Skandal lachen, wirkten hier überfordert. Zuerst versuchte man noch, die Wogen zu glätten und die "Anti-KI-Meute" zu kritisieren. Doch als sie merkten, dass die Stimmung kippte und echte Gewaltandrohungen im Spiel waren, zogen sie die Notbremse.

 

Es ist bitter: Ein Franchise, in dem man Katzen als Schalldämpfer benutzt, zieht die moralische Grenze bei der Art und Weise, wie Pixel erstellt werden. RWS entschuldigte sich, distanzierte sich und ließ das Projekt fallen. Für den Publisher ist es ein PR-Desaster, das man aussitzen kann. Für die Menschen bei Goonswarm ist es das Ende ihrer beruflichen Existenz.

Ein Scherbenhaufen bleibt

Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack. Das russische Studio Goonswarm (nicht zu verwechseln mit der EVE-Online-Allianz) sprach von einer Flut aus Hass. Sicher spielt hier auch die geopolitische Lage eine Rolle, die die Hemmschwelle für Angriffe im Netz weiter senkt.

 

Aber am Ende des Tages haben wir hier Menschen, die ihren Traum aufgeben mussten, weil der Mob entschieden hat, dass ihre Arbeit "fake" aussieht. Ob die Vorwürfe stimmten, werden wir nie erfahren. Die Festplatten sind gelöscht, das Studio ist dicht.

Zitat aus dem Abschiedsbrief: "It’s tough to pour so much energy into a game and end up caught in the middle of an AI war by accident."

Dieser Satz sollte uns alle, die wir Spiele lieben und kommentieren, kurz innehalten lassen. Der Kampf für menschliche Kunst in Videospielen ist wichtig und richtig. Aber wenn wir dabei die Menschlichkeit gegenüber den Entwicklern verlieren, haben wir am Ende gar nichts gewonnen.

Postal wird weiterleben, das Remake von Teil 2 kommt 2026. Doch für die Entwickler von Bullet Paradise gibt es keinen Respawn.

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